Der Anfängergeist: Wie Sie sein fantastisches Potential nutzen und das Mindset Ihrer Mitarbeiter:innen revolutionieren

Neulich sprach mich einer meiner Kunden an. Er wünschte sich ein neues Mindset für die Mitarbeiter seiner Service-Abteilung.

Sie sollten nicht nur auf Anfragen reagieren, sondern auch pro-aktiv auf die Bedürfnisse anderer Unternehmensbereiche eingehen. Denn “die Mitarbeiter bleiben viel zu sehr in den alten Bahnen, anstatt mal neue Vorschläge zu machen.”

Nun, ein neues Mindset entsteht nicht über Nacht. Auch nicht der sogenannte Anfängergeist, um den es hier gehen soll.

Zunächst einmal: In Zeiten von Transformationsprozessen empfehle ich Ihnen aufzupassen, wie Sie Ihre Mitarbeiter:innen zur Veränderung aufrufen. Ansagen nach dem Motto “Verändere Dich, sonst bleibst Du auf der Strecke” können schnell nach hinten losgehen.

Eine sofortige Veränderung im Denken und Handeln Ihres Teams zu erwarten ist außerdem schwierig, wenn der Geist voll mit anderen Themen ist und regelrecht “feststeckt”.

Aber wie schaffen wir den Übergang von “stuck” zu “unstuck”, wie es im Englischen so schön heißt?

Mit diesem Blogartikel möchte ich Sie zu mehr Neugier und Menschlichkeit aufrufen, ohne die es meiner Meinung nach im Arbeitsumfeld nicht mehr geht und Ihnen zeigen, wie Sie und Ihr Team von der Anwendung des Anfängergeists profitieren können. Ich teile außerdem mit Ihnen Übungen und Tipps, die Ihnen helfen sollen, bereits heute kleine Veränderungen im Denken Ihrer Mitarbeiter:innen anzuregen.

Veränderungen in Zeiten der Pandemie

Zuallererst denke ich, dass sich in den letzten Jahren während der Pandemie viel mehr verändert hat, als wir uns bewusst sind.

Ich möchte Sie daher als Ausgangspunkt gerne fragen: Was war für Sie in den letzten beiden Jahren in Ihrem Business undenkbar und doch ist es heute machbar?

Wahrscheinlich haben Ihre Mitarbeiter schon eine ganze Menge Veränderungen zusammen mit Ihnen gestaltet und getragen.

Die spannende Frage im Hinblick auf die Zukunft ist: Wie können wir diese Veränderungsenergie der letzten Jahre mit in unseren Alltag nehmen, ohne dass wir dafür weiterhin den Druck und den Stress einer Pandemie im Rücken haben müssen?

Wie tritt eine nachhaltige Veränderung ein, ohne dass wir ständig im Krisenmodus arbeiten müssen? Das Stichwort lautet: Menschliche Führung.

Für den Anfängergeist ist menschliche Führung gefragt

Bevor wir uns also gleich in die Vorteile des Anfängergeistes stürzen, kann es Sinn machen kurz innezuhalten und uns zu fragen, was für eine Art Führungsstil Neugier und Offenheit überhaupt erst ermöglicht. Beide sind für den Anfängergeist elementar.

Denn wir können viele Anfängergeist Übungen machen, in einem verzweifelten Versuch unsere Kreativität zu steigern. Doch wenn sich in unserer Führungskultur grundlegend nichts weiter verändert, kratzen wir nur an der Oberfläche.

Menschliche Führung fängt bei mir selbst an, indem ich mir folgende Fragen stelle:

  • Bin ich mir als Führungskraft eigentlich meiner Denkmuster bewusst?
  • Wie führe ich, wenn ich unter Druck gerate?
  • Bin ich eigentlich Fahrer oder Beifahrer meines Geistes?
  • Habe ich meine Gedanken und Emotionen im Griff oder ist es eher andersherum?
  • Kann ich mein Ego auch zurückstellen?

Wenn Sie anfangen, sich selbst als Lernenden zu verstehen, ermöglichen Sie auch Ihren Mitarbeiter:innen ihr “Bestes Selbst” zu sein

Sie schaffen dadurch ein vertrauensvolles Umfeld, in dem diese neugierig sein und wieder größer denken dürfen. Sie öffnen den Raum für neue Möglichkeiten und damit auch den Geist Ihrer Mitarbeiter:innen.

Was bedeutet Anfängergeist und wie nutzen Sie ihn für Ihr Team?

Okay, aber was genau ist denn jetzt dieser Anfängergeist?

Der Begriff kommt ursprünglich aus dem Zen Buddhismus und hat durch die Schriften von Shunryu Suzuki, einem japanischen Zen Meister, Einzug zu uns in den Westen gefunden.

Sein wohl bekanntestes Zitat lautet: 

“Der Anfängergeist hat viele Möglichkeiten, der des Experten nur wenige.”

Anfängergeist ist also eine innere Haltung, die in uns allen schlummert. 

Er besagt, mit einem frischen Blick auf die kommenden Herausforderungen zu schauen, anstatt mit unserem gewohnten, bewertenden Denken.

Klar, der Mensch ist ein Gewohnheitstier und das aus gutem Grund:

Unsere Gewohnheiten und Automatismen geben uns schließlich Sicherheit und sorgen dafür, dass unser Gehirn nicht überlastet wird und Energie sparen kann.

Das heißt aber im Umkehrschluss auch, dass wenn wir uns mit neuen Aufgaben konfrontiert sehen und der Arbeitsspeicher unseres Gehirns gerade voll ist, wir gerne auf altbewährte Lösungen zurückgreifen.

Doch wie Albert Einstein schon gesagt hat:

“Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.”

Hier sind daher ein paar Tipps, wie Sie gemeinsam mit Ihren Mitarbeiter:innen dem Anfängergeist freien Lauf lassen und eine neue Art zu denken in Ihrer Abteilung ermöglichen.

Denn ja, hier sind Sie als Führungskraft gefragt.

Tipp #1: Mit Spaß und Freude anstelle von Druck an Herausforderungen herangehen

Das bedeutet zunächst einmal, einen lockeren Umgang mit unserem – geben wir es zu – eher rigiden Gewohnheitsdenken zu finden.

Das funktioniert am besten, indem Sie sich alle selber “etwas auf die Schippe nehmen”. Brainstormen Sie mal Ihre typischen Killerphrasen. Sie wissen schon, Totschlagargumente, mit denen wir gerne schnell um uns schmeißen.

Hier einige meiner Lieblingsbeispiele: 

  • “Glaub ich nicht!”
  • “Das klappt nie!”
  • “Bisher ging das auch so…”

Todsichere Wege, jede neue Idee im Keim zu ersticken, darauf können Sie sich verlassen.

Nachdem Sie und Ihr Team sich Ihrer ganz persönlichen Killerphrasen bewusst geworden sind, möchte ich, dass Sie aufmerksam bleiben. Das nächste Mal, wenn Sie jemanden aus Ihrem Team eine dieser wenig hilfreichen Kommentare im Meeting nutzen hören, rufen Sie laut: “Wunderbar! Da ist sie wieder!”

Das mag Ihnen vielleicht im ersten Moment etwas albern vorkommen, aber Sie und ihr Team kommen sich so spielerisch auf die Schliche.

Tipp #2: “Ja, und” statt “Ja, aber” 

Dies ist eine tolle Übung aus dem Improvisationstheater.

Jedes Mal, wenn Sie bemerken, dass Sie mit “Ja, aber” auf eine Idee Ihrer Kolleg:innen reagieren wollen, sagen Sie stattdessen “Ja, und”.

Anstatt die Idee also sogleich abzulehnen und denjenigen bloßzustellen, können Sie sie so ergänzen und zusammen daran weiterschrauben.

Dadurch wird niemand ausgebremst, alle bleiben im Flow und kommen raus aus den eingerosteten Denkmustern. 

Tipp #3: Kleine, gesunde Gewohnheiten etablieren 

Schon mal von Tiny Habits gehört?

Die Tiny Habits®-Methode zur schrittweisen Veränderung wurde von dem Sozialwissenschaftler BJ Fogg entwickelt.

Es geht dabei – wie könnte man es ahnen – um die Macht kleiner Gewohnheiten.

Klein deswegen, weil das der nachhaltigste Weg zum Erfolg ist.

Warum das so ist?

Lassen Sie es mich so sagen: Unser Gehirn ist kein großer Fan von Veränderungen. Am liebsten soll einfach alles so wie immer bleiben. Denn das hat uns bisher am Leben erhalten.

Tatsächlich interpretiert ein Teil unseres Gehirns, die Amygdala um genau zu sein, Veränderung als Bedrohung.

Das bedeutet, wenn wir uns riesige, große Vorsätze und Pläne machen, die zu sehr von unserem bisherigen Lebensstil abweichen, kriegt unser Gehirn Stress und setzt alles daran uns zu sabotieren.

Und das geplante 3x-die-Woche-45-Minuten-lang-Joggen bei einem vorher bescheidenem Sportverhalten verläuft sich im Sand.

Stattdessen wäre es vielleicht ratsam mit 15 Minuten anzufangen. So fühlt sich das Gehirn nicht zu sehr herausgefordert, die Alarmstufe Rot auszurufen und kann sich langsam an die neuen Gewohnheiten gewöhnen.

Welche Tiny Habits wären für Sie geeignet?

Vielleicht haben Sie Lust, vor jedem Meeting für 5 tiefe Atemzüge die Augen zu schließen. Oder Sie machen es sich zur Gewohnheit, jedes Meeting 5 Minuten früher als geplant zu beenden. Viele Meetings starten stündlich, dadurch hat man für ein nächstes Meeting etwas mehr Zeit sich zu sortieren.

Hauptsache, die Hemmschwelle ist minimal. Denn dann bleiben wir lange genug dabei, um von unseren Tiny Habits zu profitieren.

Probieren Sie den Anfängergeist aus

Ob Sie Ihren Killerphrasen auf die Schliche kommen, bei Ihren Mitarbeiter:innen durch die einfache Formalierung “Ja, und” anknüpfen oder kleine, machbare und gesunde Gewohnheiten für sich etablieren, es ist ganz egal.

Hauptsache Sie fangen an und gehen spielerisch und mit Neugier an die Sache heran.

Ich wünsche Ihnen viel Freude mit dem Anfängergeist und allem, was er zu bieten hat.

Falls Sie mehr über den Anfängergeist lernen wollen und Sie die Lust gepackt hat, Ihre Unternehmenskultur zu revolutionieren, melden Sie sich bei mir. Ich helfe gerne weiter (ps@menschlichfuehren.com).

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